Montag, 4. September 2017

"Das Glück ist nur einen Flügelschlag entfernt", Stefanie Lahme




Inhalt/Meinung

Irland. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
… Moment, das war was anderes.
Aber … nachdem ich „Das Glück ist nur einen Flügelschlag entfernt“ gelesen habe, bin ich mir sicher, dass es auch in Irland tausendundzwei Möglichkeiten gibt! Und Pubs.
Ich greife vor. Fangen wir doch am Anfang unserer Reise an.


„Mit der linken Hand tastete er in der Brusttasche seiner Funktionsjacke nach der rechteckigen Form der Schlüsselkarte für die Kabine. Gleichzeitig steckte er die rechte Hand in die Innentasche, bis seine Fingerspitzen das glatte Leder der Brieftasche streiften. Der letzte prüfende Griff galt der rechten Seitentasche, in der sich der Autoschlüssel befand. Alles an seinem Platz.“
©Stefanie Lahme, Forever Ullstein, 2017


Unser Protagonist Lukas liebt die Ordnung! Alles hat seinen angestammten Platz und das wird auch gerne halbstündlich geprüft. Alle paar Minuten ein Blick auf die Uhr gehört genauso zum Tagesablauf wie das Überprüfen des Reiseplans, der natürlich geordnet, geheftet und sortiert in einer Mappe steckt. Die einen festen Platz im Rucksack hat. Der auf eine bestimmte Art gepackt ist…  So ist Lukas und so lernen wir ihn auch kennen. Dezent neurotisch, mit seinen Macken und Zwangshandlungen. Aber das heißt nicht, dass er nicht liebenswert ist. Er ist geradlinig und plant einfach gerne. Lukas will wissen, wo seine nächsten Schritte ihn hinführen und wie das Ziel aussieht.
Lukas war, trotz seiner Macken, eine Figur, mit der ich mich sofort angefreundet hatte. Ich mochte ihn und seine latent schrullige Art. Oftmals hat er mich, wahrscheinlich unbeabsichtigt, genau deswegen zum Lachen gebracht.
Und natürlich hat er seinen Irlandurlaub minutiös durchgeplant!


„Sie trug ein knallig buntes Shirt mit langen Ärmeln und ein noch farbenfroheres Gewand, von dem nicht zu erkennen war, ob es sich um eine weite Hose oder einen Rock handelte. Ihr Gesicht war blass und schmal, ein silberner Ring zierte den rechten Nasenflügel und die Haare fielen ihr in dicken Filzsträhnen auf die Schultern. Nur der Ansatz sah glatt und nach normalem Haar aus. Sie grinste breit und reckte beide Daumen in die Luft.“
©Stefanie Lahme, Forever Ullstein, 2017


Und da wären wir auch schon bei Protagonist Nummer zwei. Josefine, genannt Jo. Durchgeknallt, Verrückt, Abenteuerlustig und für jeden Spaß zu haben. Sie ist offen für Neues, findet schnell neue Freunde, weil sie gerne mit Menschen redet und auch immer ein Thema findet und macht sich keine Sorgen über das Morgen. Alles kommt, wie es kommen soll. Sie hat keine Angst, ungeplant in einen Ort zu gehen, denn sie findet schon eine Schlafunterkunft. Außerdem ist sie sich sicher, dass ein geplanter Urlaub keinen Spaß machen kann! Nur, wenn man sich auf dieses Abenteuer einlässt, erlebt man wirklich Etwas und hat Spaß.
Auch Jo war mir sofort sympathisch, vor allem weil sie auf Lukas zugeht und ihn nicht als Spinner abgetan hat. Durch ihre offene Art, hat sie mich gleich für dich gewinnen können.

Seien wir mal ehrlich, Lukas und Jo können nicht unterschiedlicher sein. Das ist schon so krass, dass ich mir fast sicher bin, noch nie Figuren getroffen zu haben, die so wenig gemeinsam haben. Ich war mir von Anfang an sicher, dass das mit den beiden nix werden kann. Ja, Gegensätze ziehen sich an, aber null Gemeinsamkeiten sind echt hart. Außerdem streiten sich die beiden permanent. Lukas drückt mit jeder Haltung, Mimik oder Heben des Koffers seinen Unmut über die Situation aus. Ja, sie haben den Aufenthalt in einem Ferienhaus gewonnen. Ja, das ist toll! Nein, sie wollen nicht teilen. Er hat die meisten Fragen beantwortet, er will das Haus. Punkt.
Aber Jo findet das nicht so toll und schlägt vor, den Weg tageweise aufzuteilen. Jeder hat einen Urlaubstag, den er gestalten kann, und wer am Ende die meisten Punkte hat, bekommt denn Gewinn. Planung versus Chaos! Eine grandiose Ausgangssituation mit so viel Konfliktpotenzial, das mir ganz schwindelig wurde.

Und dieses Potenzial nutzt die Autorin auch perfekt aus! Lukas und Jo geraten öfter aneinander als ihnen lieb ist, aber auf ihre eigene, verquere Art und Weise finden beide Spaß an der ganzen Sache. Und dann ist da ja auch noch Irland. (Wenn es nicht gerade im Nebel versinkt.)


„Schweigend beobachteten sie, wie der Nebel sich wie ein Vorhang hob und die Sicht auf ein langgestrecktes Tal mit Seen und Flüssen freigab, umgeben von Bergen.“
©Stefanie Lahme, Forever Ullstein, 2017


Als ich das Buch bekam, erhielt ich auch eine Warnung: Pass auf! Nach dem Lesen willst du unbedingt nach Irland!
Ich lachte. Ja klar. Als ob! Mal ehrlich, klar, man hat nach dem Lesen schon mal das Gefühl, den Ort im Buch gerne mal aufsuchen zu wollen, aber unbedingt? Niemals!
Neugierig geworden, las ich die ersten Seiten und … klappte das Buch zu. Am Abend. WEIL ich es DURCHGELESEN hatte. Am Stück. Weglegen unmöglich! Ich war wie im Rausch.
Im Irland-Lukas-Jo-Rausch! Es war mir nicht möglich, die Finger von der Geschichte zu lassen. Das lag nicht nur an den zwei Verrückten, die auf ihre eigenen Art super sympathisch waren, sondern auch und zu einem großen Teil, an den Beschreibungen von Irland.
Während des Lesens habe ich meine eigene kleine Irlandrundreise gemacht und hab so viel erlebt, so viel gesehen, gerochen und gefühlt. Es war alles so echt, die Bilder erschienen wie von allein in meinem Kopf. Ich radelte mit Jo durch die Gegend, beobachtete mit Lukas Papageientauchen und aß mit beiden Nudeln und Scones ohne Ende. Wir betranken uns, lachten und lernten neue Menschen kennen. 

„In der dunkelblauen Wasseroberfläche spiegelten sich die Berge, die sich rings um den See erhoben. Ein Seeadler zog seine Kreise über ihnen. Lukas sah sich mit großen Augen um und auch Jo war verzaubert von der Magie Irlands.“
©Stefanie Lahme, Forever Ullstein, 2017


Dabei war das noch gar nicht alles! Es waren hier tatsächlich die kleinen Töne, die zwischen einer atemberaubenden Kulisse erklangen und den Weg in mein Ohr fanden. Die Dinge, die zwischen den Zeilen passierten. Lukas und Jo sind offensichtlich 10 Tage zusammen unterwegs. Nur ein Urlaub. Ein paar Ausflüge, Sight Seeing eben. Aber das, was mit ihnen und zwischen ihnen passiert ist so klein, süß und unaufhaltsam, dass ich es auch kaum bemerkte. Erst als ich schon mittendrin war, lichtete sich der Nebel und gab die Sicht auf Schubladendenken, Vorurteile und Geheimnisse preis. Die beiden lernen in der kurzen Zeit sehr viel, auch voneinander, bis sie sich am Ende zu den Menschen entwickelt haben, der sie hätten sein sollen. Der sie sein können.
Manchmal bedarf es einer kurzen, eindrucksvollen Reise mit einem Fremden, um zu sich selbst zu finden. Erst dann kann man sich jemand anderen voll öffnen.

Fazit/Bewertung

„Das Glück ist nur einen Flügelschlag entfernt“ war ein so wundervolles Buch, dass ich es glatt nochmal lesen könnte. Neben der traumhaften Kulisse Irlands, stachen besonders die Beschreibungen hervor, aus denen man herauslas, dass die Autorin mit Herzblut bei der Sache war. Sie zog den Leser damit unweigerlich an einen Ort, von dem man nie wieder weg wollte.
Lukas und Jo sind zwei wahnsinnig liebenswürdige Verrückte, mit denen ich sehr gerne noch viel mehr Zeit verbracht hätte. So unterschiedlich sie auch sind, so viel können sie voneinander lernen und durch ihre manchmal recht abstrusen Dialoge habe ich echt lachen müssen. 


Klappentext

Lukas hat seinen Irlandurlaub minutiös durchgeplant, Josefine lässt sich lieber treiben. Als sie einen gemeinsamen Aufenthalt in einem Ferienhaus gewinnen, steht für beide fest, dass sie sich das Haus nicht teilen können. Auf einem Roadtrip quer durch Irland wollen sie entscheiden, wer das Ferienhaus am Ende bekommt: Wer auch immer die meisten perfekten Tage organisiert, gewinnt. Während ihrer Reise kommen sich die beiden immer näher – doch noch kennt Lukas Josefines Geheimnis nicht.









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